Lektion 2&3

Bildbetrachtung und -analyse, Bilder im Kontext, Storytelling I

Bildbetrachtung und -analyse

Als erstes haben wir uns drei Schwarz-Weiss-Fotografien angesehen. Wir teilten uns in drei Gruppen auf und begannen, das Bild zu analysieren: Was sehen wir? Was denken wir?

Was wir da noch nicht wussten: Die drei Bilder gehörten zusammen und bildeten eine Fotoserie der Fotografin Elena Kougionis aus Basel, mit der sie den Swiss Press Award 2020 in der Kategorie «Schweizer Geschichten» gewonnen hat.

Nach diesem Einstieg stellte uns Jeannine das Vier-Augen-Modell von Martin Zurmühle, einem Schweizer Fotografen aus Luzern, vor. Zurmühle hat das ursprüngliche Kommunikationsmodell von Friedemann Schulz von Thun umgeformt, sodass es in der Medienwelt zur Bildanalyse genutzt werden kann. Es setzt sich aus vier verschiedenen «Augen» zusammen: Das Form-Auge, das Erzähl-Auge, das Gefühls-Auge und das Ich-Auge.

Das Form-Auge: Wir beurteilen auf der Sachebebene: Wie ist der Bildaufbau? Was sehen wir im Vorder- bzw. Hintergrund? Sehen wir Helligkeiten, Kontraste oder Farben?

Das Erzähl-Auge: Wir beurteilen auf der Apellebene: Was zeigt mir das Bild? Was vermittelt es mir?

Das Gefühls-Auge: Wir beurteilen auf der Beziehungsebene: Wie wirkt das Bild? Ist das Bild irritierend, lustig, überraschend, langweilig?

Das Ich-Auge: Wir beurteilen mit einer Selbstkundgabe: Wie steht der Verfasser bzw. der Betrachter zum Bild? Auf dieser Ebene treten Vorlieben, Erfahrungen und persönliche Haltungen ins Zentrum.

Nach diesem theoretischen Input haben wir uns in Dreiergruppen ein weiteres Bild angesehen. Mit Sarah und Marc habe ich das nebenstehende Foto betrachtet und analysiert. Um am dieser Stelle einen Einblick in unsere Analyse zu geben, habe ich die wichtigsten Punkte stichwortartig zusammengefasst:

Sachebene: Viele dunkelhäutige Frauen in weissen, bestickten Gewändern, ein sehr helles Bild; womöglich draussen fotografiert; Helligkeit kommt von natürlichem Licht, Foto von oben aufgenommen, Nahaufnahme, Farbtupfer im Bild: farbige Kopftücher, unterschiedliche Gesichtsausdrücke
Apellebene: Gemeinschaft; Gemeinschaftsgefühl, Frauen finden sich fürs Beten zusammen
Beziehungsebene: Spezielle Stimmung, ruhig, ausgeglichen, trotz-dem ist etwas los
Selbstkundgabe: Es macht mich neugierig, eine gewisse Distanz zur Situation: andere Kultur, andere Religion vielleicht

Bilder im Kontext

Wir haben Bewusstsein geschaffen, wie schnell Bilder aus dem (wahren) Kontext gerissen werden können. Zeigt man nur einen Ausschnitt eines Bildes oder setzt einem Bild einen unwahren Titel oder eine Bildunterschrift, so wird das Bild total aus dem Kontext gerissen und zu absoluten «Fake News»: Beispielhaft werden aus (harmlos) gestreiften Badeklamotten von Kindern mit dem passenden Beitrag plötzlich Häftlings-kleidung von Kindern, die im Gefängnis geboren wurden.

Ein anderes, sehr bekanntes Bild ist rechts abgebildet. Das farbige Originalfoto in der Mitte zeigt einen Soldaten des Irakkriegs 2003. Die Fotomontage einer Artdirektorin zeigt, wie unterschiedliche Bildausschnitte die Interpretation eines Bildes beeinflussen können.

Storytelling 1: Wie erzähle ich?

Wir haben uns ein paar Werbespots angeschaut, ihre Eigenschaften zusammen-getragen und uns überlegt: Was macht eine Geschichte eigentlich gut? Nebenstehend sind unsere Antworten durch die Mentimeter App abgebildet.

Storytelling ist folgendermassen aufgebaut:

  • Einstieg: Soll stets fesselnd sein, indem er überraschend, berührend oder spannend ist. Bei Videos sind die ersten 15-20 Sekunden entscheidend, ob man weiterschaut oder nicht.
  • Hintergrund: Die Story nimmt Fahrt auf, Details werden bekannt, Personen werden mir vertraut. Es geschieht eine Entwicklung, die auf einen Wendepunkt zusteuert.
  • Höhepunkt: Es klärt sich auf, es gibt einen Aha-Effekt.
  • Ende: Verschiedene Möglichkeiten wie offenes oder geschlossenes Ende.

Eindrücke aus dem Unterricht

Reflexion

Als wir zu Beginn der Lektion die drei Schwarz-Weiss-Fotografien aus dem Swiss Press Award betrachtet haben, «sahen» die jeweiligen Gruppen nur ihr Bild. Auch nachdem wir alle drei Bilder besprochen haben, kam keinem die Idee, dass diese drei Bilder auf eine Weise zusammengehören könnten. Wer hätte gedacht, dass alle drei Fotografien im Rahmen vom Schwarzen Peter (einem Verein für Gassenarbeit in Basel) aufgenommen wurden?

«Wer die Bilder beherrscht, beherrscht die Köpfe.» (Bill Gates)
Dieses Zitat hat mich nachdenklich gestimmt. In der heutigen Zeit gilt die Medienaufmerksamkeit den Bildern. Vergleicht man Text mit Bild wird schnell klar, dass diese zwei Dinge als Medium anders funktionieren. Jeder weiss, dass man einen Text von links nach rechts liest - doch wo schaut man bei einem Bild zuerst hin? So leicht lässt sich diese Frage nicht beantworten, denn es gibt keine einheitliche Lösung, da nicht jede Person im ersten Moment auf den gleichen Teil eines Bildes schaut. Innert Millisekunden berührt uns ein Bild oder es lässt uns kalt - diese Reaktion ist selbstverständlich auch nicht einheitlich. Christian Doelker hat eine Rangfolge der Reize bei der Bildbetrachtung aufgestellt: Bewegt vor unbewegt, primär vor sekundär, auffällig vor neutral und visuell vor verbal. Daraus geht hervor, dass uns Bewegung vor Form und Form vor Farbe beeinflusst - das hätte ich so nicht unterschrieben. Man denkt doch, dass Farben stärker beeinflussen als Formen?

Eindrücklich, wie fest uns Bilder tagtäglich beeinflussen, ohne dass wir es bewusst wahrnehmen. Man denke an Social Media Kanäle wie Instagram, wo wir uns innert einer Minute wohl zwischen 20 und 30 Beiträge ansehen. Vergleicht mal wie lange ihr pro Woche auf den sozialen Medien Bilder und Videos anschaut und wie weit ihr in einem Buch lesen könntet in dieser Zeit?

Bei der Betrachtung von Bildern und wie schnell sie aus dem Kontext gerissen und damit völlig anders verwendet werden als ursprünglich wahr ist, hat mir ein wenig zu denken gegeben. Hätte ich beispielsweise das Bild der Kleinkindern in den gestreiften Kleidern nach dem Baden vorher nicht gesehen, hätte ich den Beitrag «Kinder in Häftlingskleidung» praktisch nicht in Frage gestellt. Irgendwie beängstigend, wie schnell man sich täuschen lässt. Wie oft werden wohl Bilder aus dem Kontext gerissen, die wir tagtäglich sehen und nichts dergleichen ahnen?

© 2020 Alessia Romanelli | Departement für Sport, Bewegung & Gesundheit | Universität Basel | Alle Rechte vorbehalten

Unterstützt von Webnode
Erstellen Sie Ihre Webseite gratis! Diese Website wurde mit Webnode erstellt. Erstellen Sie Ihre eigene Seite noch heute kostenfrei! Los geht´s